Mein Besuch in Angkor gehört zu den eindrücklichsten
Erfahrungen, die ich bislang machen durfte. Berichte über die Ruinenstadt hatten
mich schon lange fasziniert. Angkor Wat ist der größte Tempelkomplex der Welt. Allein
dieser Tempel lohnt in meinen Augen einen Besuch Südostasiens. Doch Angkor Wat
ist nur ein Teil von Angkor, das sich über eine Gesamtfläche von 200 Quadratkilometern
erstreckt und über 1000 Tempel umfasst. Die Zahl der Tempel
war ursprünglich noch weit höher. Im tropischen
Klima Südostasiens konnten jedoch nur Steinbauten die
Jahrhunderte seit dem Niedergang Angkors überdauern. Aus diesem Grund sind neben
den Tempeln keine weiteren Gebäude erhalten geblieben – weder der Königspalast
noch die Wohnhäuser oder Märkte.
Geographisch liegt die Angkor in einer Ebene nördlich des Tonle-Sap-Sees
im Westen Kambodschas. Eine ganz wesentliche Voraussetzung
für die blühende Hochkultur Angkors war der Bau eines ausgeklügelten
Bewässerungssystems mit riesigen Wasserspeichern (Ost- und West-Baray) und
einem weitverzweigten Kanalsystem. Erst das bot die Voraussetzung
für die Khmer für einen intensiven Reisanbau um ihr - für die damalige Zeit -
riesiges Volk zu ernähren und sogar Überschüsse zu erzielen, die Handel ermöglichten
und damit den Bau der Tempelanlagen. Künstliche Wasserstraßen
ermöglichten wohl auch den Transport der riesigen Steinblöcke durch den damals
noch dichten Dschungel, um solche imposante Gebäude zu errichten. Auch
Arbeitselefanten spielten eine wichtige Rolle.
Angkor war vom 9. bis 15. Jahrhundert das Zentrum des Khmer-Königreichs
Kambuja. Das Khmer-Reich erreichte seine
größte Ausdehnung und umfasste neben Kambodscha Teile des heutigen Thailands,
Vietnams und Laos. Es sind keine schriftlichen
Aufzeichnungen aus Kambuja erhalten, doch die archäologischen Ausgrabungen,
Rekonstruktionen und Untersuchungen sowie die lebhaften Reliefs mit
Darstellungen von Kriegszügen, Ritualen und dem Alltagsleben am Königshof und
den Märkten zeugen von einer blühenden Hochkultur. Zudem existieren Berichte
chinesischer Diplomaten, Händler und Reisender.
Viele Touristen nehmen sich nur einen einzigen Tag
Zeit, um die weitläufigen Tempelanlagen zu erkunden und sind abends so
erschlagen, dass sie so schnell keine Tempel mehr sehen wollen. Ich rate dazu,
sich mehr Zeit zu nehmen, so dass auch Zeit bleibt die Bauten in Ruhe auf sich
wirken zu lassen. Zur Erkundung bieten sich Tuk-Tuks an; man kann den riesigen
archäologischen Park auch mit dem Fahrrad erkunden. Ich wählte den Rücksitz
eines sympathischen Motorroller-Fahrers.
Eine erste Blüte erreichte Angkor im 12.
Jahrhundert. Suryavarman II. einte das Reich nach langanhaltenden und heftigen
Machtkämpfen und Unruhen. Unter seiner Herrschaft wurde Angkor Wat in nur 37
Jahren errichtet. Es war der Hindu-Gottheit Vishnu geweiht. Anfangs
waren alle Tempel Angkors den drei wichtigsten hinduistischen Gottheiten
geweiht - Brahma, dem Schöpfer des
Universums - oftmals durch die Lotusblüte dargestellt, Vishnu, dem Erhalter der
Welt und Shiva, dem Zerstörer der Welt, der die erneute Schöpfung der Welt
durch Brahma in Gang setzt. Ein faszinierender Kreislauf von einer zyklischen
Erneuerung des Lebens.
der hinduistische Gott Shiva |
Man vermutet, dass der Hinduismus
durch Händler und später folgende Brahmanen (Angehörige der höchsten indischen
Kaste) aus Indien in Kambodscha etabliert wurde. Erst später wurde das Heiligtum
in ein buddhistisches „Wat“ (Kloster) umgewandelt. Oftmals mischten sich
hinduistisch und buddhistische Elemente mit der vorher vorherrschenden von
Geistern und Dämonen. Die Könige des Khmer-Reiches betrachteten sich als irdische Inkarnation
der Götter.
Schon der erste Blick aus der Ferne auf Angkor Wat sprengt jegliche
Vorstellungskraft. Die Spitzen des Tempels ragen aus der Ferne über die
Umfassung der Außenmauer und einen riesigen Wassergraben. Die scheinbar
übermächtige Anlage wirkte völlig unwirklich auf mich. Geradezu mystisch. Ich war
vom ersten Moment an verzaubert und empfand Demut vor der Schöpfungskraft der
Erbauer. Die Bauwerke zeugten von einer vergangenen Größe, deren Strahlkraft
ungebrochen auf mich wirkte. Gebannt lief ich auf einem 300 m langen Damm über einen mächtigen
Wassergraben, der die Anlage von allen Seiten umschließt. Er symbolisierte den
Ur-Ozean, diente als Wasserreservoir. Nun gelangte ich durch ein erstes Tor auf einen
weiten Vorplatz.
Nachdem ich mehrere hundert Meter bis zum eigentlichen Heiligtum gegangen
war, betrat ich durch ein prächtiges Tor fünf konzentrische und rechtwinklige
Höfe mit Türmen in Form von Lotosblüten. Im Zentrum steht der mit 65 Metern
höchste Turm (Prasat). Darin befindet sich das Hauptheiligtum Vishnus. Der Turm
symbolisiert den Berg Meru aus der Hindumythologie, den Mittelpunkt des
Universums. Das reale Vorbild ist wahrscheinlich der Kailash in Westtibet. Alle
anderen Tempel Angkors haben einen sehr ähnlichen Grundriss und diesen
zentralen Turm.
In den Tagen, die ich in Angkor verbracht
habe kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus und mein Lieblingstempel sollte
ein anderer sein. Auf jeden Fall kann ich mich nicht erinnern jemals so tiefen
Frieden in mir gespürt zu haben.
Im zweiten Teil erfahrt Ihr etwas über die Dimension von
Angor Thom, meine persönlichen Empfindungen und es folgen besondere Bilder vom Dschungeltempel Ta Prohm...
ein Vorgeschmack... |
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