Kambodscha war nach der Herrschaft der Roten Khmer lange Zeit kein Touristenmagnet. Das hat sich inzwischen deutlich geändert. Hauptsächlich werden die Touristen von den Tempelanlagen Angkors und der Hauptsdtadt Pnom Penh angezogen. Doch auch die Küste des Landes erlebt einen Boom. Vor allem betrifft das die Strände um die Küstenstadt Sihanoukville - benannt nach dem verstobenen König Sihanouk; bei den Einheimischen ist sie weiter unter dem alten Namen Kompong Som bekannt.
Bald hörte ich Gerüchte über die ansässige Russenmafia. Ich möchte nicht suggerieren, ich wüsste, was sich wirklich hinter den Kulissen abspielt. Das wäre sicherlich eine sehr spannende aber nicht minder gefährliche Investigativ-Recherche. Ich sage mal so viel: die Grenzen zwischen einigen Wirtschaftsunternehmen und kriminellen Betrügern sind fließend.
Ich las nach meiner Rückkehr nach Deutschland von einem Vorfall auf einer
der vorgelagerten Inseln vor der Küste bei Shinoukville, der mich aufhorchen
ließ und der mich an die Gerüchte erinnerte, die mir damals zu Ohren gekommen
war.
Der Oligarch Sergej Polonski war in Kambodscha
verhaftet wurde. Ihm wird der Satz zugeschrieben: „Wer keine Milliarde hat,
soll sich verpissen!“. Das sagt viel über sein Selbstverständnis aus. Leider
ist er mit der Meinung, Geld könne alles kaufen, unter den Neureichen keineswegs
allein. Zusätzliche Bekanntheit verlieh ihm eine Fernsehdiskussion, während der
er den Oligarchen Alexander Lebedew als „Maulheld“ bezeichnete, woraufhin er
von diesem mit einem Faustschlag niedergestreckt wurde.
Während der Finanzkrise implodierte Polonskis
Imperium – das sich wesentlich auf Immobilienspekulationen gründete. Angeblich soll sein Vermögen von 3,5 Milliarden
auf 60 Millionen geschrumpft sein. 2012 setzte er sich nach Kambodscha ab.
Das neue Jahr wollte er auf Ko Rong mit einem Feuerwerk feiern. Doch in der allgemeinen Euphorie (die russische Presse munkelte von psychedelischen Pilzen) beschloss das Trio, die Raketen bereits an Bord des Schiffes zu zünden. Der Kapitän war damit naturgemäß nicht einverstanden, und wurde nach einem Handgemenge mit seinen zwei Besatzungsmitgliedern zunächst in die Kajüte gesperrt. Kurze Zeit später zwang das Trio die Mannschaft, über die Planke zu springen.
Nicht zuletzt die Tatsache, dass es sich bei dem
Kapitän um den Sohn des Hafenkommandanten von Shinoukville handeln soll, führte
zu einem Eingreifen von Sicherheitskräften und zur Inhaftierung des Trios. Doch
es wird erst kurios.
Seiner Entschuldigung, „ein Missverständnis und die
Sprachbarriere hätten zu dem Zwischenfall geführt“, schloss sich schließlich
auch die Besatzung des Schiffes an – nach der Vereinbarung einer großzügigen
Zahlung als Schadensersatz. Doch damit nicht genug: ihm drohte die Abschiebung
nach Russland, wo die Behörden gegen ihn wegen schwerem Betrug ermittelten. Einige
frühere Geschäftspartner forderten ebenfalls seine Auslieferung. Offenbar
schuldete er ihnen eine Menge Geld. In einem offenen Brief appellierte Polonski
an den König von Kambodscha – in dem Schreiben beklagt er sich über die
Zustände im Gefängnis, die ein schlechtes Bild auf das Land werfen würden, und
bittet zugleich um seine Einbürgerung, um in Kambodscha ein Projekt „von
Weltrang“ als Geste der Entschuldigung realisieren zu können. Mit einem kambodschanischen
Pass wollte er der Abschiebung nach Russland entgehen. Tatsächlich wurde er später nach Russland überführt und es wurde Anklage gegen ihn erhoben. Er wurde zwar nach langem Verfahren verurteilt, entging aber einer Gefängsnisstrafe wegen Verjährung. Geld regiert die Welt.
Doch es gibt es noch anderer Vorgänge an der Küste,
die mir Magenbeschwerden bereiten. 2006 wurde die Insel Koh Pos für 99 Jahre an
die Koh Puos Investment Group
verpachtet. Diese wirbt auf ihrer Website mit dem Slogan The Art of Coastal Development. Die Insel wurde durch eine Brücke
mit dem Hawaii Beach verbunden – der ebenfalls von derselben Investorengruppe
bewirtschaftet wird. Hier sollen Hochhäuser mit Meerblick entstehen. Zurzeit befinden
sich 36 luxury oceanfront villas im Bau - mit 450-570 Quadratmetern und mehreren
Schlafzimmern. Folgen sollen 198 großzügige Apartments, Tennisplätze,
Fitnesscenter, ein Spa, Hotels, eine Shopping Mall, ein Yachthafen und ein
großer Kasinokomplex. Die Insel wird dann Morakot
Island heißen, die man über Morakot
Landing von Morakot City aus
erreicht. Gruselig! Und Inzwischen Realität.
Damit nicht genug. Nicht weit entfernt,
entsteht ein weiteres gigantisches Projekt auf Koh Rong. Großspurig wird das Projekt der Royal Group in einem Video als logische Fortführung der visionären
Schaffenskraft der Erbauer Angkors dargestellt. Gemeinsam solle das Resort Island Development an der indochinesischen Riviera in einem Masterplan neben Angkor und Pnom Penh
einen dritten Pfeiler im kambodschanischen Tourismus darstellen.
Paradise Forever lautet der Hauptslogan. Ich finde es zynisch, ein in seiner natürlichen Form paradiesisches Eiland durch die "Aufwertung" in Form des Baus von Luxusapartments, Hotel, Resorts, eines Yachthafens und eines vollständigen Golfkurses in ein Paradies zu verwandeln. Es wird groß damit geworben, es handele sich um ein ökologisches Projekt. Als sei es ein Verdienst, das ein Teil der Insel in ihrem natürlichen Zustand erhalten bliebe. Natürlich kann man anführen, dass eine Zersiedlung durch eine nicht durchdachte touristische Nutzung bisweilen ebenfalls große Schäden anrichten kann. Doch erscheint mir allein die Vorstellung, man könne eine Insel designen ausgesprochen selbstgerecht, respektlos und größenwahnsinnig.
Paradise Forever lautet der Hauptslogan. Ich finde es zynisch, ein in seiner natürlichen Form paradiesisches Eiland durch die "Aufwertung" in Form des Baus von Luxusapartments, Hotel, Resorts, eines Yachthafens und eines vollständigen Golfkurses in ein Paradies zu verwandeln. Es wird groß damit geworben, es handele sich um ein ökologisches Projekt. Als sei es ein Verdienst, das ein Teil der Insel in ihrem natürlichen Zustand erhalten bliebe. Natürlich kann man anführen, dass eine Zersiedlung durch eine nicht durchdachte touristische Nutzung bisweilen ebenfalls große Schäden anrichten kann. Doch erscheint mir allein die Vorstellung, man könne eine Insel designen ausgesprochen selbstgerecht, respektlos und größenwahnsinnig.
Ganz abwegig wird der "ökologische Gedanke" für mich, wenn ein Flughafen das
Zentrum der Insel darstellen soll – obgleich die Insel in weniger als drei
Stunden vom Festland erreicht werden kann – Sihanoukville
verfügt bereits über einen nationalen Flughafen. Der geplante Flughafen soll
Direktverbindungen mit Pnom Penh, Siam Raep (bei Angkor), Ho-Chi-Minh-City (Saigon), Hanoi, Bangkok, Hong Kong, Singapur und Kuala Lumpur ermöglichen. Der Energie- und Wasserhunger der
geplanten Anlagen ist immens. Von sozialen Bedenken
ganz zu schweigen – zwar wird mit enterprise
oppurtunities for the local khmer people geworben, aber man kann sich leicht
ausrechnen, dass diese Insel nur ein Paradies für die sein wird, die es sich
leisten können. Nur wenige Kambodschaner werden von dieser Entwicklung profitieren, für die Meisten ist die allgemeine Preissteigerung,
die unweigerlich folgen wird, eine Bedrohung in ihrer Existenz. Mal abgesehen
davon, wie es sich anfühlt, wenn Neureiche sich im eigenen Land aufführen wie die
Könige.
Insgesamt ist das eine Form des „Fortschritts“,
wie man sie überall beobachten kann, bei der es nicht um die Verbesserung der
Verhältnisse für die Allgemeinheit geht, sondern um individuelle Interessen und
die Umsetzung des technisch Möglichen. Ich finde nicht nur die Idee
Landschaften zu designen befremdlich, sondern im selben Maße die Sprache, die
genutzt wird, um diese Entwicklung zu verkaufen.
2012 ist auf der vietnamesischen Insel Phuc Hoc, die ebenfalls direkt vor der
kambodschanischen Küste liegt, ein neuer internationaler Flughafen entstanden
und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann der Flughafen von Sihanoukville an Größe gewinnen wird. Pnom Penh und Siam Raep verfügen bereits über internationale Flughäfen. Man
braucht kein Hellseher zu sein, um zu ahnen, wohin diese Entwicklung führen
wird.
Die nachfolgenden Bilder sollen zeigen, welch Schönheit
im natürlichen Zustand der Inseln liegen. Die Gefahr für Koh Tonsay liegt in meinen Augen auch weniger im Massentourismus - dafür
ist Sihanoukville als Touristenmagnet
zu dominant und der Küstenort Kep auf
den ersten Blick zu wenig einladend – doch auch auf Koh Tonsay war ein großes Kasino geplant. Glücklicherweise scheint das Projekt noch immer nicht realisiert worden sein.
Die Insel sprach mich gerade wegen der Ursprünglichkeit so an. Es gab keinen Strom, keine Läden, wenige kleine Restaurants und Unterkünfte. Meine Compadre Thomas und Pete hatten zuvor Koh Rong in ihrer kaum erschlossenen Form genossen. Der Flughafen ist bisher zum Glück (noch) nicht gebaut worden, aber Koh Rong besitzt nun einige Resorts, in denen man gut und gerne 2000-2700 Dollar die Nacht ausgeben kann. Gleichzeitig gibt es aber auch noch Möglichkeiten, erheblich günstiger unterzukommen.
Aber nun zu meinen Eindrücken von Koh Tonsay:
Die Insel sprach mich gerade wegen der Ursprünglichkeit so an. Es gab keinen Strom, keine Läden, wenige kleine Restaurants und Unterkünfte. Meine Compadre Thomas und Pete hatten zuvor Koh Rong in ihrer kaum erschlossenen Form genossen. Der Flughafen ist bisher zum Glück (noch) nicht gebaut worden, aber Koh Rong besitzt nun einige Resorts, in denen man gut und gerne 2000-2700 Dollar die Nacht ausgeben kann. Gleichzeitig gibt es aber auch noch Möglichkeiten, erheblich günstiger unterzukommen.
Aber nun zu meinen Eindrücken von Koh Tonsay:
Weiterführende Links:
Heaven - unvergessliche Begegnung an der Küste Kambodschas
Reisereportage: Angkor Wat
Das Inselinnere von Ko Pha Ngan - auf der anderen Seite des Golfs von Thailand.
Reisereportage: Kathmandu und der Fortschritt
Der Preis des Fortschritts - Reportagen aus Indien, China und Papua...
Rezension: Wege der Menschen - auf den Straßen, die unsere Welt verändern
Sechs ausführlich recherchierte und vielschichtige Reportagen des Journalisten Ted Conover über die Globalisierung, die Verheißungen des Fortschritts und seine Schattenseiten.
Spiegel-Artikel über Polonskis Verhaftung