Abduls Sidekick
Nachdem Abdul glücklicherweise NICHT vom schmalen Grat auf den letzten Meter zum Gipfel des Gunung Rinjani abgestürzt ist, verewigt er sich hier mit seiner Sicht der Dinge während unserer epischen Fahrt zu den kleinen Sunda-Inseln. Feuer frei:
Abdul blickt versonnen in die Ferne - der Baba steht Kopf. |
Prolog
Seit meinem ersten Zusammentreffen mit Mr. Coconutyoga in Athen im September
2009 befand ich mich in den Fängen von Coconutyoga
Travels. Risiken und Nebenwirkungen des schnell berüchtigten
Unternehmens waren mir schnell vorgeführt und wurden durch regelmäßig
unregelmäßigen E-Mail Kontakt bestätigt. Doch Mr. Coconutyoga ist wie Crystal
Meth – macht beim ersten Mal süchtig.
Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis ich
meine erste Tour buchen würde. Weltliche Zwänge wie Studium und Geld zogen den
Zeitpunkt bis in den November des Jahres 2013. Meine Buchung habe ich nicht
bereut, ganz im Gegenteil.
Nach drei in jeder Hinsicht wahnsinnigen Tagen
auf der zweithöchsten Erhebung Indonesiens und einem Erholungstag (sieben wären
eher angemessen gewesen…), buchten wir eine fünftätige Bootstour über Sumbawa,
Mojo Island, Satonda Island, Komodo, Rinca und Flores. Wobei wir eigentlich nur
die Komodo-Warane auf Komodo und Rinca
sehen wollten. Jedoch schien uns dies aufgrund meines knappen zeitlichen
Kontingents als der schnellste Weg dorthin. Wir waren uns vollkommen im
Unklaren, was uns die folgenden fünf Tage erwarten würde.
Station 1:
der Schlepperhafen – eine Ansammlung Alleinreisender
Nach unserer Abholung in unserer Unterkunft
wurden wir zum Abfahrtsort Bangsal gebracht, wo unsere Schiff warten sollte.
Wir wurden in einem Warung (entspricht Café/Restaurant/Imbissbude/Snackbar)
abgesetzt und mussten dann noch kurz auf die Abfahrt warten. Aus kurz wurden
knapp drei Stunden. Genügend Zeit, die Umgebung samt den Mitmenschen zu
beobachten. In dem Warung befanden sich mehrere Dutzend Individualreisender und
es war nicht offensichtlich, welchen Weg sie einschlagen würden. Dass sie
allesamt auf dasselbe Boot wollten, wurde uns erst später vor Augen geführt.
Sympathisch waren uns auf Anhieb Pascal aus
dem Ruhrpott, da er gleich ein ganzes Paket voller Bier mit aufs Boot nahm,
sowie Marc und Rahel aus der Schweiz, die sich für ein Jahr auf Weltreise
befanden. Ich war jedoch angesichts der letzten Tage noch sichtlich gezeichnet
und verlegte mich eher auf das Beobachten als auf das Kommunizieren. Bizarr
waren die locals, die wechselweise
die Bierbestellungen für die nächsten Tage aufnahmen, einem das T-Shirt
abschwatzen wollten oder Marihuana andrehen wollten. Es fiel schwer zu
unterscheiden, wer Angestellter des Unternehmens war oder nur aufgrund der
Touristen dort herumlungerte. Insgesamt eine unangenehme Atmosphäre, die durch
die Ungewissheit der nächsten Tage verstärkt wurde. Pascal und die beiden
Schweizer stellten sich jedoch als hervorragende Spießgenossen heraus, mit
denen man blendend die Zeit totschlagen konnte.
Während ich mit dem Schlafmangel noch kämpfte, war Mr. Coconutyoga gerade deswegen voll in seinem Element und schwang sich zum Entertainer unserer kleinen, aber feinen, Deutsch sprechenden Gruppe auf. Sein Fatalismus kann äußerst unterhaltsam sein. Für unsere Begleiter der nächsten fünf Tage hatte Mr. Coconutyoga ganz gewiss eine merkwürdige Erscheinung: ein Deutscher, der in (meinen) zu großen Markenflipflops, in einer indischen, orangenen Seidenhose und in einem Hemd, das die Brusthaare preis gab, nervös hin und her lief und mit seinem markanten Lachen alle Teilnehmer der Reise auf sich aufmerksam machte. Da wir uns früh in unserer Runde mit den anderen Deutschsprachigen zusammen schlossen, war der Sonderling des Unternehmens früh ausgemacht. Zu diesem Zeitpunkt entschloss sich der Rest der Gruppe zum Ignorieren des seltsamen Deutschen.
Während ich mit dem Schlafmangel noch kämpfte, war Mr. Coconutyoga gerade deswegen voll in seinem Element und schwang sich zum Entertainer unserer kleinen, aber feinen, Deutsch sprechenden Gruppe auf. Sein Fatalismus kann äußerst unterhaltsam sein. Für unsere Begleiter der nächsten fünf Tage hatte Mr. Coconutyoga ganz gewiss eine merkwürdige Erscheinung: ein Deutscher, der in (meinen) zu großen Markenflipflops, in einer indischen, orangenen Seidenhose und in einem Hemd, das die Brusthaare preis gab, nervös hin und her lief und mit seinem markanten Lachen alle Teilnehmer der Reise auf sich aufmerksam machte. Da wir uns früh in unserer Runde mit den anderen Deutschsprachigen zusammen schlossen, war der Sonderling des Unternehmens früh ausgemacht. Zu diesem Zeitpunkt entschloss sich der Rest der Gruppe zum Ignorieren des seltsamen Deutschen.
Station 2: On
the sea again – Nächte mit Käpt’n Arak und Konsorten
Die ersten Tage unserer Fahrt kann man aus
zwei Sichtwinkeln betrachten. Zum einen waren sie ungemein monoton, da wir die
meiste Zeit vor uns her schipperten und immerzu dem Wechsel von einsamen,
unbewohnten Inseln und dem unendlichen Indischen Ozean beiwohnten. Das Boot fuhr
stets gemächlich und Käpt’n Arak hatte trotz aller Unkenrufe und des
gegenteiligen Eindrucks sein Schiff unter Kontrolle.
Da es tatsächlich unter
den 28 Mitreisenden nur ganz wenige gab, die sich alleine auf diesem Boot
befanden, wurde vornehmlich in den bereits existierenden Kleingruppen verkehrt.
Auf der anderen Seite jedoch – und das wurde
mir erst allmählich am zweiten Tag bewusst – waren wir gerade im Begriff, an
den schönsten Stränden dieser Erde bei unnachgiebigem Sonnenschein und leichter
Brise vorbei zu schippern.
Unsere Reisegruppe stellte sich als die Beste überhaupt heraus: Neben den unvermeidlichen Niederländern, die nicht nur die größte Kleingruppe stellten, sondern auch über die Sprache mit der lautesten Intonation verfügten, gab es drei schubladencoole Finne, eine Reihe von reservierten, aber unterhaltsamen Engländern, ein paar charmante Franzosen, unsere kleine deutsch sprechende Gruppe. Und natürlich Mr. Coconutyoga. Zunehmend kam ich mit beinahe jedem ins Gespräch und ich fand immer größeren Gefallen an unserem Bootstrip. Die anfängliche Skepsis war verflogen. Dafür waren die Umstände einfach viel zu blendend. Vor allem die Sonne, wenn sie wieder gnadenlos im Zenit stand.
Die Umstände waren so herausragend, dass man erst mit der nötigen Reflexion nach der Rückkehr realisiert, wie rundum gelungen die Tour war. Das konnte auch nicht der ab und zu einsetzende Monsunregen ändern – ganz im Gegenteil: Denn was könnte erfrischender sein als im 26° C warmen Indischen Ozean zu baden und dabei auch noch von oben nass zu werden?
Unsere Reisegruppe stellte sich als die Beste überhaupt heraus: Neben den unvermeidlichen Niederländern, die nicht nur die größte Kleingruppe stellten, sondern auch über die Sprache mit der lautesten Intonation verfügten, gab es drei schubladencoole Finne, eine Reihe von reservierten, aber unterhaltsamen Engländern, ein paar charmante Franzosen, unsere kleine deutsch sprechende Gruppe. Und natürlich Mr. Coconutyoga. Zunehmend kam ich mit beinahe jedem ins Gespräch und ich fand immer größeren Gefallen an unserem Bootstrip. Die anfängliche Skepsis war verflogen. Dafür waren die Umstände einfach viel zu blendend. Vor allem die Sonne, wenn sie wieder gnadenlos im Zenit stand.
Die Umstände waren so herausragend, dass man erst mit der nötigen Reflexion nach der Rückkehr realisiert, wie rundum gelungen die Tour war. Das konnte auch nicht der ab und zu einsetzende Monsunregen ändern – ganz im Gegenteil: Denn was könnte erfrischender sein als im 26° C warmen Indischen Ozean zu baden und dabei auch noch von oben nass zu werden?
Für blendende Unterhaltung sorgte nicht nur
das Genießen der blenden Umstände, sondern das Beobachten der (non-)verbalen
Interaktion zwischen Mr. Coconutyoga und den anderen Bootsreisenden. Während
sich Pascal, Rahel und Marc inzwischen gut mit ihm verstanden und erkannten,
dass er nicht (nur) auf einem Selbstfindungstrip ist, sondern auch ein hervorragender
Gesprächspartner, der sich über Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit
tiefgehenden Gedanken gemacht hat und diese auch teilen will, verlegte sich der
Rest auf das Ignorieren. Die langen, einsamen Schnorchelgänge und die Bergbesteigungen
trugen zum Bild des Sonderlings aus Deutschland bei. Die anfängliche
Erschrockenheit und Reserviertheit bei sich zufällig oder auch den Umständen
geschuldeten, gezwungenen Unterhaltungen war in den Gesichtern der anderen zu
beobachten.
Doch schnell wich die Zurückhaltung der Erkenntnis, dass Gespräche mit dem Baba ergiebig und nachdenklich, aber auch einfach unglaublich unterhaltsam sein können.
Doch schnell wich die Zurückhaltung der Erkenntnis, dass Gespräche mit dem Baba ergiebig und nachdenklich, aber auch einfach unglaublich unterhaltsam sein können.
Station 3:
Die gescheiterte Meuterei
Und so geschah es, dass der bärtige Baba sich
zum heimlichen Anführer all unserer subtilen und latenten Revolutionsgedanken
wurde. Denn wer würde nicht bei auf einem engen Schiff auf die Idee kommen, ein
allseits gefürchteter Freibeuter zu werden? Der Baba und ich zumindest schon.
Dass ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt ein
Segelschiff von enormem Ausmaß in unserem Binokular erschien, konnte kein
Zufall und musste ein Wink des Schicksals sein. Der Baba schwang sich auf zum
Revolutionsführer auf den sieben Weltmeeren und zog mit seinen Kadetten auf dem
Weg zu ewigem Ruhm und zu einer gerechteren Welt.
Zumindest dachte er das. Denn
während Mr. Coconutyoga versuchte alle Mitreisenden von der Idee zu überzeugen,
dass es eine hervorragende Gelegenheit sei, die herrschenden Verhältnisse
umzustürzen, schuf er nach gerade beseitigter Kluft zwischen ihm und den
anderen Weltreisenden eine neue Barriere.
Baba steigerte sich zunehmend in diese fixe
Idee und man konnte seinen Augen ansehen, dass er nur allzu gern von Bord
gesprungen wäre, um mit einem Messer zwischen den Zähnen den offenen Konflikt
mit der Besatzung des anderen Schiffes zu suchen.
Doch der gewöhnliche,
Gemütlichkeit gewohnte, westliche Rucksacktourist lässt sich nur schwer davon
überzeugen, seine Koje der Annehmlichkeiten zu verlassen. Und das auch noch von
einem deutschen Hippie. Und so wurde wiederum das Bild des deutschen
Sonderlings mit der seltsamen Erscheinung verankert. Denn wenn jemand nicht in
eine Schublade passt, passt er nicht ins System.
Station 4: Coming home for christmas
Und so
geschah es, dass die fünf Tage auf hoher See schließlich ohne Weltrevolution
und ohne den Gonzostaat zu Ende gingen. Doch zunächst waren wir noch auf Flores
gefangen, ohne genau zu wissen, was der für uns am günstigste Rückweg ist. Doch
nach einigen absurden Gesprächen mit dem (eigentlichen) Kapitän und dem
Vermittler unserer Trips, bei dem die Wahrheit niemals offen auf dem Tisch lag,
traten wir den Weg auf die vermutlich beste Weise an: ganz genau so wie die
Einheimischen reisen. Auf Holzplanken, mit wirklich wahnsinnigen Busfahrern,
zahllosen Schleppern in undurchsichtigen Busbahnhöfen. Aber: wir sind an einem
Stücke angekommen und hatten fünf Tage, die wir so schnell nicht vergessen:
Tauchen mit Mantarochen, Kämpfe mit Komodowaranen, Lagerfeuern auf einsamen
Inseln, die endlosen Weiten des Indischen Ozeans, zahlreiche weiße Traumstrände
und dazu die beste Reisegesellschaft, die man sich vorstellen konnte.
Zur Belohnung sollten die sagenumwobenen Gili Islands warten.
Zur Belohnung sollten die sagenumwobenen Gili Islands warten.
Epilog
Der Wahnsinn,
der Coconutyoga Travels umhaucht, scheint ansteckend zu sein. Denn nachdem ich
mich für einem kurzen Abstecher auf die berüchtigten, weil polizeifreien und
drogenumwehten, Gili Islands begab, sollte noch nach dem Abschied von Mr.
Coconutyoga 36 Stunden folgen, die es wirklich in sich hatten:
schlaflose Nächte, verpasste Flüge und halbnackte Ausflüge inklusive. Aber auch das ist eine andere Geschichte…
schlaflose Nächte, verpasste Flüge und halbnackte Ausflüge inklusive. Aber auch das ist eine andere Geschichte…
Danke Oli für
15 unglaublich intensive Tage!
Weiterführende Links:
Fantastisch zu lesen! Der Schreibstil erinnert ein wenig an Daniel Defoes (original) "Robinson Crusoe". Toll!
AntwortenLöschenJutta
Das Lob werde ich gleich an den Herrn Abdul weiter reichen. Und Robinson Crusoe muss ich auch mal wieder lesen. Ist schon viel zu lange her. Liebe Gruesse! Oleander
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