Zu Büchern habe ich von klein auf eine ganz besondere
Beziehung. Ich bin in Tonnen von Büchern aufgewachsen und sie wurden früh mein
Tor zur Welt, lange bevor ich physikalisch auf Reisen gehen sollte. Und Bücher vermitteln mir daher etwas von Heimat
und es gibt kaum etwas Schöneres als einen schönen Platz zu finden, an dem man
es sich mit ein paar Büchern gemütlich machen kann. Immer wieder muss ich mir anhören, wie bescheuert
es ist, mit etlichen Büchern unterwegs zu sein. Gerade im Zeitalter von Kindle
will mich jeder von elektronischen Büchern überzeugen. Das mag praktisch sein,
kommt aber für mich nicht in Frage. Ich will ein Buch anfassen können. Und so waechst wenigstens nicht nur mein Bewusstsein...
Ich stelle mir gerne vor einer Reise eine Reihe von
Büchern zusammen, von denen ich weiß, dass ich sie unterwegs nicht finden
werde. Irgendwann ist dieser Vorrat erschöpft und danach finden sich an den
ungewöhnlichsten Orten die schönsten Schätze.
Dieses Mal kam ich bereits in Delhi dazu, drei Bücher zu
lesen, nachdem ich gleich krank wurde. So verschlang ich Hunter S. Thompsons Rum Diary, der Fremde von Albert Camus
und Garp wie er die Welt sah von John Irving, das mich bereits in der Verfilmung
begeistert hatte. Camus war ein wenig deprimierend, aber spannend zu lesen und
Hunter zog mich einmal mehr in seinen Bann.
In Ladakh konnte ich das wunderschöne Taschenbuch Nomade auf vier Kontinenten von Ilija
Trojanow studieren, in dem er von seinen Recherchen zu seinem Buch der
Weltensammler erzählt, die ihn auf den Spuren von Richard Burton nach Indien, Pakistan,
Saudi-Arabien, Ostafrika, die U.S.A. und Europa geführt hat. Dem gegenüber stehen die
Orginaltexte Burtons – der Vergleich ist faszinierend. Manche Dinge haben sich vollstaendig verandert, andere hingegen praesentieren sich Trojanow fast wie zu Zeiten Burtons. Zudem ist das Buch aufwendig
illustriert und gesetzt.
In Turtuk kam ich endlich dazu, ein Buch von Bruce
Chatwin zu lesen – der Traum eines Ruhelosen – eine Sammlung von Texten über
eine alternative, nomadische Lebensweise aus aller Welt, die mich sehr angesprochen hat. Auch Rudyard Kiplings Kim hatte ich
noch nicht gelesen und kam nun endlich dazu, die gute Geschichte ueber das Indien zu Zeiten der britischen Herrschaft zu würdigen.
Eine Herausforderung war die Lektüre von Kushwant Singhs Train to Pakistan,
eine berührende Geschichte über eine Siedlung am Schienenstrang der Bahnlinie
Lahore – Delhi zu Zeiten der blutigen Teilung des Subkontinents nach der
Unabhängigkeit. Packend schildert er, wie das Dorf, in dem Toleranz groß
geschrieben wurde und die drei Heiligtümer von Sikhs, Moslems und Hindus
friedlich beieinander lagen, von den schrecklichen Ereignissen in einen Sog der
Gewalt hinabgezogen wurden. Ein starkes Buch!
In Zanskar las ich am Vorabend meines Geburtstags Rum
Diary erneut. Was hätte besser passen können als ein 31 jähriger, der auf der
Suche ist und dabei diese Welt durchstreift und den amerikanischen Traum demaskiert.
Am Tag drauf las ich to have or to have not, mein zweites Buch von Hemingway,
nachdem ich schon the old man and the sea gelesen hatte. Ein Erlebnis ihn zu lesen - auch wenn die englischen Ausgaben sehr schwer zu lesen waren.
Ganz
zufällig fiel mir Jakob Arjouni in die Hände. Sein Buch Idioten. 5 Märchen war
eine sehr lustige Zusammenstellung von Geschichten, in denen eine Fee dem
jeweiligen Protagonisten drei Wünsche erfüllt.
Noch nicht beendet habe ich Naked Lunch von William
Burroughs. Der Schreibstil ist genial und das Buch steckt voller Phantasie und
Detailwissen über die verrücktesten Dinge, ist aber auch unglaublich derb –
kein Wunder – handelt es sich um das homosexuelle Junkie-Milieu. Ich werde es
aber sicher noch fertig lesen – allein der Schreibstil ist faszinierend.
Aktuell lese ich the age of Kali von William Dalrymple. Ein sehr fundiertes Buch ueber das heutige Indien und seine manigfaltigen Traditionen, das sich nicht ueber die massiven Probleme Indiens zwischen Tradition und Moderne ausschweigt.
In meinem Rucksack befindet sich
noch – Ladakh – Ancient Futures von Helena Norbert-Hodge, von dem ich mir noch mehr Einblicke in den Wandel von Ladakh erhoffe.
Gerade kuerzlich bekam ich Dostojewskis Brüder Karamasov - schon alleine deshalb interessant, weil einer
meiner Namen aus diesem Buch stammt - Aljoscha. Soeben habe ich mir noch Shame
von Salman Rushdie und the great railway bazaar von Paul Theroux zugelegt und konnte mich nur schwer zurueckhalten, nicht noch mehr zu kaufen. So wird das nie was mit der Gewichtreduktion...
Was mich sonst im letzten Jahr besonders beeindruckt
hat:
Erzählungen aus fast 50 Jahren aus allen Erdteilen.
Ransmayr ist ein begnadeter Beobachter, der mit vollendeter Poesie einen ganzen
Kosmos erschafft, der alle Facetten des Lebens spiegelt.
sechs ausführlich recherchierte und vielschichtige
Reportagen über die Globalisierung, die Verheißungen des Fortschritts und ihre
Schattenseiten.
Ngugi wa Thiong'o: Herr der Krähen
eine brilliante und messerscharfe Politsatire ueber die
Weltbank und afrikanische Diktatoren – bruellend komisch geschrieben, aber
gleichzeitig nahe an der Realitaet.
Ilija Trojanow – Der Saddhu an
der Teufelswand
Fuer mich schreibt Trojanow die
besten Reportagen ueber Indien.
Hunter S. Thompson: Die
Rolling-Stone-Jahre
Reportagen und Briefwechsel aus seiner Zeit als Korrospondent für den
Rolling Stone von 1970-2004. Ein guter Einstieg in die Welt
von Hunter Thompson und seine literarischen und journalistischen Arbeiten.
John
Jeremiah Sullivan: Pulphead
Sehr lesenswerte
Reportagen ueber den aktuellen Zustand und die Geschichte der U.S.A.
Jörg Fauser:
Rohstoff
Ein absoluter
Klassiker, der erst kuerzlich wieder aufgelegt wurde. In der Tradition der
us-amerikanischen Literatur-Rebellen – unter anderem mit den Schauplaetzen Istanbul,
Frankfurt, Berlin. Fauser beschreibt die Realitaeten der Junkies, 68er,
Hausbesetzer und Hippies. Unbedingt empfehlenswert.
Weitere Tipps:
Andreas Altmann:
Gebruachsanweisung für die Welt
Jack Kerouac: Zen, Gammler und
hohe Berge
Laurent Gounelle: Der
Mann, der glücklich sein wollte
Wolfgang Herrndorf: Sand
Aldous Huxley: schöne neue Welt
Rafik Schami: Die Frau, die ihren
Mann auf dem Flohmarkt verkaufte
Arno Haas: Verteidigung der
Missionarsstellung
Sten Nadolny: Weitlings
Sommerfrische
Alle Literaturempfehlungen finden sich hier im Ueberblick.
Hi, "Jack Kerouac: Zen, Gammler und hohe Berge" - eines der besten Bücher die ich seit langem gelesen habe. Die Hippie-Kultur vorweggenommen. Beatniks, Drogen, Einsamkeit in den Bergen. Alt, etwas seltsame Sprache, Großartig.
AntwortenLöschenGrüße, Karsten
Hallo Karsten! Ich war auch ausgesprochen begeistert vo dem Buch - hat mir mindestens so gut gefallen wie "on the road". Nur stellenweise war es mir ein wenig arg esoterisch. In jedem Fall ist mir Kerouac naeher als die anderen Schriftsteller von der "Beat Generation". "Naked Lunch", das ich gerade beendet habe hat mich zwar auch wegen seiner Sprache und der Praezision der Beschreibungen fasziniert, ist mir aber doch eher fremd geblieben. Ginsberg muss ich noch ausfuerhlicher lesen, hat mich aber beim Reinlesen nicht so gepackt. Ich hoffe mir faellt irgendwann noch "lonesome traveller" in die Hand.
LöschenLiebe Gruesse! Oleander